Gebügelte Unterwäsche, glänzende Toilette, geputzte Fenster. Zugewandte, immer freundliche Mutter, ausgezeichnete Köchin. Dazu geschliffene Mails, immer eingehaltene Abgabetermine und Pünktlichkeit…
Perfektionismus ist besonders gerne weiblich. Doch ist es wirklich so, dass wir Frauen alles perfekt machen wollen. Wollen wir wirklich, dass immer alles perfekt ist?
Der Grund für den tagtäglich Hang zum Perfektionismus liegt tiefer. Er liegt in unserer Angst! In unserer Angst etwas falsch zu machen, in unserer Angst, kritisiert zu werden, in unserer Angst angreifbar und sichtbar zu werden und nicht mehr Teil der Gruppe sein zu dürfen. Das war überlebenswichtig in der menschlichen Frühzeit. Wer alleine war, war ungeschützt und dem Tode ausgeliefert.
Ich möchte hier gar nicht näher darauf eingehen, warum sich vor allem Frauen krankhaften Perfektionismus angeeignet haben. Nur so viel: Die Geschichte der Frau ist von Abhängigkeit geprägt. Zugehörigkeit war (und ist leider oft nach wie vor) ein Akt des Wohlwollens einer männlich dominierten Gesellschaft. Abhängigkeit zuerst vom Elternhaus, dann von einem Ehemann. Ohne diese Komponenten des „Schutzes“ war Frau machtlos.
Natürlich gibt es auch perfektionistische Männer und natürlich haben auch Männer mit dem tieferliegenden Problem des Perfektionismus zu kämpfen: Der Perfektionist ist ein zutiefst unsicherer Mensch! Dieser Mensch lebt immer in der Sorge, sich Sicherheit und Zugehörigkeit durch fehlerfreies Handeln erarbeiten zu müssen. Das kann bis zur Handlungsunfähigkeit führen, denn jede Entscheidung, jedes Tun ist potenziell unperfekt. Von außen wird der perfektionistische Mensch als besserwisserisch und intolerant wahrgenommen. Das Selbstbild orientiert sich ausschließlich am Fremdbild – was denken die anderen über mich.*
* Raphael M. Bonelli: Perfektionismus (Pattloch Verlag, München 2014)
Hinzu kommt der innere Kritiker. Jene Stimme, die immer da ist, wenn es um die eigene Leistung geht und Dinge flüstert wie:
Gemeinheiten aus unserem Kopf, die uns vergessen lassen, dass Menschsein heißt, fehlerhaft zu sein. Kein Mensch ist frei von Fehlern!
Der Unterschied besteht nur darin, wie schwer wir solche Fehler gewichten. Ein glücklicher Mensch fokussiert sich auf die gelingenden Dinge seines Lebens, ein unglücklicher, perfektionistischer Mensch auf die misslingenden.
Schreibschwierigkeiten entstehen aus der Sorge, es nicht gut genug zu machen und schlechte Texte zu verfassen, für die man belächelt oder sogar ausgelacht wird. In einer Welt der Text Flut gibt es qualitativ sehr unterschiedliche Texte. Aber wer bestimmt, was Qualität ist? Als Unternehmerin möchtest du, dass deine Texte deine Leser zu Kunden machen. Die Qualität deiner Texte muss also keinem anderen Anspruch gerecht werden, als in DEINE Nische zu passen!
Ich selbst habe vor allem das Problem der Formalfehler, die sich in meine Texte einschleichen. Hierbei schlagen mein Perfektionismus und mein innerer Kritiker gnadenlos zu. Wenn ich im Schreibflow bin, sind meine Gedanken schneller als meine Finger. Ich komme mit dem Schreiben kaum hinterher und formale Fehler sind nebensächlich. Ich schreibe Worte so, wie ich sie mir in diesem Moment vorstelle… Und ich bin keine Meisterin der Orthographie, auch wenn es mir schwerfällt das zuzugeben. „Da sind ja mindestens 30 Fehler drin!“ Das waren die Worte meiner Großmutter zu meiner voller Stolz präsentierten Geschichte, als ich etwa 10 Jahre alt war. Beschämt habe ich in diesem Moment gelernt, dass mein Schreiben nur etwas wert ist, wenn es fehlerfrei ist. Und noch schlimmer, dass ich als Mensch nur liebenswert bin, wenn ich perfekt und OHNE Fehler bin.
Inzwischen beherrsche ich die Rechtschreibung im Großen und Ganzen. Aber noch im Germanistik-Studium und sogar als ich schon unterrichtet habe, kostete mich meine Unsicherheit Schweiß und Tränen. Ich fühle mich auch heute noch wie das Kind von damals beschämt, wenn ich einen Fehler bemerke. Es erwischt mich eiskalt, wenn ich mich ertappt fühle. Die Lehrerin, die in jeder Lebenslage wissen müsste, wie man jedes Wort schreibt, macht Fehler?
Die deutsche Sprache besitzt nach Schätzung der Duden-Redaktion zwischen 300 000 und 500 000 Wörter! Wer bitte kann alle Wörter richtig buchstabieren? Ist doch lächerlich.
Du hast Sorge, dass dein Text nicht gut klingt? Geschriebenes muss nicht so klingen, als hätte man einen Stock im Allerwertesten! Gerade auf Social Media geht es nicht um wissenschaftliche Abhandlungen und eine Sprache, die keiner versteht. Es geht darum, Menschen zu erreichen mit persönlichen Worten: Das Geschriebene darf klingen wie du sprichst.
Orientiere dich ruhig daran, wie du sprichst: Beim Sprechen sind die Sätze kurz und unkompliziert. Sie drücken deine Emotionen aus und sie versuchen Verbindung zu schaffen zum Menschen, mit dem du sprichst.
Gerade beim Texten für das Internet möchten wir Menschen erreichen. Mich erreicht man mit punktgenauen und vor allem authentischen Worten. Ich will spüren, wer der Mensch HINTER den Zeilen ist. Und ich will nicht darüber nachdenken müssen, was er meint. Wenn du für etwas werben und Kunden gewinnen möchtest, vereinfache deinen Text und mach ihn persönlich. Der einzige Anspruch an einen Text ist und bleibt, ob er bei deiner Zielgruppe ankommt!
Und das ist wohl der wichtigste Punkt zum Thema Perfektionismus. Es wird dir nichts passieren! Alles was passiert, findet nur in deinen Gedanken statt und gefährdet dich nicht. Es ist MENSCHLICH Fehler zu machen. Was machen Menschen anders, die nicht in der Perfektionismus-Falle stecken?
Sie sind keineswegs perfekt, es kümmert sie nur nicht, ob sie perfekt sind oder nicht!